21.02.2022
PRESSEMITTEILUNG
Sahra Damus, MdL
Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
im Brandenburger Landtag
Polen schafft beim Oder-Ausbau nun Tatsachen
Am polnischen Oderufer haben bauvorbereitende Maßnahmen für den Ausbau der Grenzoder in Górzyca, südlich von Kostrzyn und bei Stara Rudnica begonnen. An weiteren Stellen wurden Schilder aufgestellt, die auf zukünftige Baumaßnahmen hinweisen. Am Freitag, dem 18. Februar, hat die Frankfurter Landesabgeordnete Sahra Damus die Baustellenvorbereitung in Górzyca und in Słubice besichtigt, um sich einen Eindruck von der Lage zu verschaffen.
Sahra Damus kommentiert: „Bagger sind bereits am Werk, um Material aufzuschütten. Ich bin darüber empört, dass auf polnischer Seite nun Tatsachen für den Oder-Ausbau geschaffen werden, obwohl die Widersprüche gegen die Umweltverträglichkeitsprüfung noch nicht bearbeitet sind. Das Verfahren ist eine Farce, wenn trotz der Eingaben des Brandenburger Umweltministeriums und der Naturschutzverbände einfach losgebaut wird. Stattdessen ist die Antwort auf die Widersprüche bereits viermal um jeweils mehrere Monate verschoben worden. Nun sind sogar über 400 Seiten an neuen Unterlagen ausgelegt worden, diesmal nur auf polnisch und im Unterschied zur ersten öffentlichen Beteiligung ohne deutsche Übersetzung. Das Vorhaben kann damit de facto vorangetrieben werden, weil die polnische Seite keine aufschiebende Wirkung der Widersprüche sieht. Gegen den sofortigen Vollzug laufen daher Klagen des Umweltministeriums und der Verbände. Und das Brandenburger Umweltministerium muss nun selbst einen fünfstelligen Betrag in die Hand nehmen, um die neuen Dokumente innerhalb weniger Wochen zu übersetzen. Zudem ist ein einseitiger Ausbau gefährlich, da ungeplante Strömungen, Ablagerungen oder Schäden an der gegenüberliegenden Seite entstehen können. Gute Nachbarschaft geht anders.
Für mich wird immer klarer, dass der Oder-Ausbau als Hochwasserschutzmaßnahme getarnt wird und dass Mittel der EU, der Weltbank und der Entwicklungsbank des Europarates entgegen ihres Förderzwecks eingesetzt werden. Auf den entsprechenden Webseiten sind die Maßnahmen denn auch ganz unverhohlen unter der Kategorie „Transport“ und nicht als „Hochwasserschutz“ einsortiert. Die EU, die Weltbank und die Entwicklungsbank des Europarates müssen endlich genau hinschauen, was mit ihren Fördermitteln passiert.“
Hintergrund:
Das Umweltministerium Brandenburgs und die Umweltverbände haben gegen die Entscheidung der Regionaldirektion Umweltschutz in Stettin von 2020 Widerspruch eingelegt. Eine Antwort auf die Widersprüche liegt noch nicht vor und die Frist dafür wurde von den polnischen Behörden für das vierte Mal um Monate verschoben. Der Regionaldirektor für Umweltschutz in Stettin hat 2020 auch erklärt, dass ein sofortiger Vollzug der Baumaßnahmen an der Oder möglich ist. Die Umweltverbände und das Umweltministerium Brandenburgs haben beim Verwaltungsgericht in Warschau Klage dagegen eingereicht, diese hat aber keine aufschiebende Wirkung. Am 03.01.02022 wurde ein weiterer Umweltverträglichkeitsbericht nur in polnischer Sprache zur öffentlichen Kommentierung gestellt.