September 9, 2024 | Anfragen, im Landtag, Meine Themen

Kleine Anfrage: Versorgungslage mit Schwangerschaftsabbrüchen in Brandenburg

Im Frühjahr 2024 wurden Ergebnisse der bundesweiten ELSA-Studie („Erfahrungen und
Lebenslagen ungewollt Schwangerer“) vorgestellt. Im Auftrag eines Bundestagsbeschlus-
ses und gefördert vom Bundesgesundheitsministerium wurden in einem multidisziplinären
Forschungsverbund an sechs Hochschulen und Universitäten dreieinhalb Jahre lang die
Lebenslagen und Bedürfnisse ungewollt Schwangerer, ihre Unterstützungs- und Versor-
gungsbedarfe sowie die Versorgungsstrukturen deutschlandweit untersucht. Es ist die erste
umfassende Studie zu diesem Thema in der Bundesrepublik mit Befragungen von (ehema-
ligen) Schwangeren, Ärztinnen und Ärzten und weiteren Einrichtungen. Dabei wurden auch
regionsspezifische Auswertungen vorgenommen. Themen waren die Lebenslagen und das
Wohlbefinden ungewollt Schwangerer sowie ihre medizinische und psychosoziale Versor-
gungssituation, die Nutzung der bestehenden Angebote sowie die Barrieren, die den Zu-
gang erschweren. Grundsätzlich zeigt sich dabei, dass die Versorgungslage in den östlichen
Bundesländern vergleichsweise gut ist, für Brandenburg wurde jedoch als einziges ostdeut-
sches Bundesland nur ein mittlerer und kein hoher Versorgungsgrad festgestellt.
In § 13
Abs. 2 des Schwangerschaftskonfliktgesetzes (SchKG) werden die Bundesländer verpflich-
tet, ein ausreichendes Angebot an ambulanten und stationären Einrichtungen zur Vornahme
von Schwangerschaftsabbrüchen sicherzustellen. Aufgrund eines Kriteriums des Gemein-
samen Bundesausschusses muss gynäkologische Versorgung für 95 % der Bevölkerung in
max. 40 Autominuten erreichbar sein, andernfalls liegt eine Unterversorgung vor. Ein
Schwangerschaftsabbruch fällt als gynäkologische Leistung unter dieses Kriterium. In Bran-
denburg erfüllt der Landkreis Teltow-Fläming dieses Kriterium nicht (8,5 % außerhalb des
40minütigen Versorgungskreises), die Landkreise Potsdam-Mittelmark (4,3 %), Märkisch-
Oderland (4,1 %) und Dahme-Spreewald (4,0 %) folgen mit Werten, die sehr nah an der
Grenze zur Unterversorgung liegen.
Wir fragen die Landesregierung:
1. In Brandenburg müssen neben Bayern, Sachsen-Anhalt und Rheinland-Pfalz behörd-
liche Erlaubnisse erteilt werden, um Schwangerschaftsabbrüche durchführen zu kön-
nen. Welche Behörde erteilt in Brandenburg diese Erlaubnisse?
2. Wie viele Erlaubnisse liegen aktuell in Brandenburg vor? Bitte nach Landkreisen und
Art der Einrichtung (Klinik / Arztpraxis / OP-Zentrum) aufschlüsseln. Wie hat sich die
Zahl in den letzten 10 Jahren entwickelt?
Landtag Brandenburg Drucksache 7/10192
– 2 –
3. Gibt es in Brandenburg Krankenhäuser, die keine Abbrüche vornehmen? Wenn ja wel-
che? Handelt es sich dabei um Krankenhäuser mit oder ohne gynäkologische Abtei-
lungen und sind es öffentliche oder private Krankenhäuser?
4. Wie viele Meldestellen für Schwangerschaftsabbrüche zur Meldung an das Statisti-
sche Bundesamt gibt es in Brandenburg? Wie hat sich die Zahl in den letzten 10 Jah-
ren entwickelt?
5. Wie bewertet die Landesregierung die Ergebnisse der Elsa-Studie insbesondere hin-
sichtlich der Herausforderungen dünner besiedelter Landkreise?
6. Wie schätzt die Landesregierung die Situation in Zukunft ein – bspw. angesichts des-
sen, dass Abbrüche anbietende Ärzte in den Ruhestand gehen?
7. Gibt es einen Austausch mit der Kassenärztlichen Vereinigung oder mit Krankenhäu-
sern mit dem Ziel, eine möglichst wohnortnahe Versorgung mit Abbrüchen sicherzu-
stellen?
8. Bremen, Berlin und Hamburg führen als Länder Listen mit den Abbrüchen anbietenden
Stellen, damit Frauen sich niedrigschwellig online und eigeninitiativ informieren können
(z.B. www.berlin.de/sen/gesundheit/schwangerschaft-und-kindergesundheit/schwan-
gerschaftskonfliktberatung/arztpraxen-fuer-schwangerschaftsabbrueche/. Die Daten-
bank der Ärztekammer enthält leider nur einen Bruchteil (etwa ein Drittel) der anbie-
tenden Stellen bundesweit und kann daher nicht genügen https://liste.bundesaerzte-
kammer.de/suche. Dem Land Brandenburg sind hingegen alle anbietenden Stellen be-
kannt durch die Vergabe der Erlaubnisse. Die Anzahl von Stellen dürfte im zweistelli-
gen Bereich liegen und damit überschaubar sein. Damit ist sie auch leicht aktuell zu
halten. Ist es angesichts dessen denkbar, dass das Land so wie die genannten drei
Bundesländer eine Liste für betroffene Frauen zur Verfügung stellt? Wenn nein, warum
nicht?
9. An wie vielen Stellen im Land Brandenburg ist es möglich, einen medikamentösen
Abbruch vorzunehmen? Falls dem Land diese Information nicht vorliegt: Welchen Stel-
len liegen diese Informationen vor?
10. Wie kann aus Sicht der Landesregierung niedrigschwellig und vollständig online dar-
über informiert werden, wo die medikamentöse Methode angeboten wird (siehe etwa
die unvollständige Datenbank der Ärztekammer)?
11. Auch Allgemeinmedizinerinnen und Allgemeinmediziner dürfen einen medikamentö-
sen Abbruch vornehmen. Hierzu werden entsprechende ärztliche Weiterbildungen an-
geboten. Sieht die Landesregierung hierin Chancen, Versorgungslücken im ländlichen
Raum zu decken? Wenn ja, was unternimmt die Landesregierung oder was kann sie
in Zukunft unternehmen, um darauf hinzuwirken, dass auch interessierte Allgemein-
medizinerinnen und Allgemeinmediziner dieses Angebot einrichten?
12. Wie erfolgt die Umsetzung des auf Bundesebene eingeführten Verbots von Gehsteig-
belästigungen im Kontext mit Schwangerschaftsabbrüchen in Brandenburg?

Hier finden Sie die Kleine Anfrage in der Parlamentsdokumentation.

Verwandte Beiträge

Kleine Anfrage: Beschränkung der Tätigkeit kommunaler Gleichstellungsbeauftragter

Kleine Anfrage: Negative Auswirkungen des Oderausbaus auf den Hochwasserschutz

Kleine Anfrage: Machbarkeitsstudien zu Streckenreaktivierungen

Kleine Anfrage: Förderung von freien Trägern im Kulturbereich

Gemeinsamer Brief zur Rechtmäßigkeit der Binnengrenzkontrollen in Deutschland