Juni 20, 2024 | im Landtag, Meine Reden, Meine Themen

Meine Rede im Landtag: Bericht der Landesregierung zur Evaluation, Fortschreibung und Weiterentwicklung des Aktionsplans Queeres Brandenburg (AP Queer)

– Es gilt das gesprochene Wort!

Sehr geehrte Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen, liebe Zuschauende,

in den letzten Jahren haben wir endlich viele langersehnte Fortschritte in der Queerpolitik gesehen. Dank einer fortschrittlichen Koalition auf Bundesebene waren Entscheidungen möglich, die vorher Jahre, teils Jahrzehnte blockiert worden waren:

– Das Selbstbestimmungsgesetz löst zum 1. November das überkommene Transsexuellengesetz endlich ab. Ab August kann der Geschlechtseintrag und der Vorname durch eine Erklärung beim Standesamt geändert werden. Stigmatisierende Gutachten und Gerichtsverfahren sind dann nicht mehr nötig. Ein Meilenstein!

– Auch ein neues Abstammungsrecht ist auf dem Weg, das endlich auch zwei lesbische Mütter ermöglicht, ohne den komplizierten Weg der Stiefkindadoption.

– Für Hassverbrechen bei queerfeindlichen Übergriffen wurde das Strafmaß im Strafgesetzbuch erhöht – Mit dem bundesweite Aktionsplan „Queer leben“ gibt es nun ein ressortübergreifendes Handlungskonzept. Aber es scheint auch zu gelten, je mehr Fortschritte es gibt und je sichtbarer queere Menschen werden, umso stärker schlägt LSBTIQ offen Hass entgegen. Das sehen wir auch hier in Brandenburg: Die Verdopplung queerfeindlicher Gewalttaten von 2022 auf 2023 ist erschreckend und braucht eine entschlossene Antwort. Und die ist da. Es werden immer mehr CSDs im ganzen Land, 15 sind es in diesem Jahr – auch in kleinen Städten, auch grenzüberschreitend mit Polen. Das sind starke Zeichen queerer Sichtbarkeit. Denn vielerorts bedeutet es noch immer Mut, sich offen mit einer Regenbogenfahne zu zeigen. Vielen Dank an alle, die sich trotz des politischen Gegenwinds von Rechtsaußen ehrenamtlich engagieren!

Ermutigend ist dabei auch der große Zuspruch gerade von jungen Menschen. Ein CSD kann Ausgangspunkt für den Aufbau einer queeren Struktur vor Ort sein. Dies wollen wir aktiv unterstützen.

Was haben wir nun auf Landesebene geschafft?

Vor acht Jahren wurde der Aktionsplan Queeres Brandenburg ins Leben gerufen. Zu den vielen Einzelmaßnahmen und Projekten liegt nun eine Evaluation und zugleich eine Fortschreibung und Weiterentwicklung vor. Der neue Aktionsplan ist unter der Federführung des Sozialministeriums in einem breit angelegten Beteiligungsprozess entstanden. Corona hat diesen leider verlängert, aber das Ergebnis kann sich sehen lassen. Herzlichen Dank an alle, die sich eingebracht haben! Die Umsetzung der neuen Maßnahmen muss nun angegangen und finanziert werden, dafür wird sich meine Fraktion auch in der neuen Wahlperiode mit aller Kraft einsetzen.

Der Aktionsplan setzt vor allem bei zwei Querschnittsthemen an: Prävention und Akzeptanz. In acht Handlungsfeldern sollen bewährte Maßnahmen weitergeführt und neue Ideen verwirklicht werden.

Dazu gehört der Ansprechpartner für queere Belange bei der Polizei. Er kann seine Tätigkeit seit 2021 in Vollzeit wahrnehmen. Das ist wichtig zur Vertrauensbildung in der queeren Community und zur Erhöhung der Anzeigenbereitschaft. Ergänzt werden sollte eine Opferberatungsstelle für LSBTIQ*.

Elementar für die Akzeptanzförderung ist der Bildungsbereich: Die Nachfrage von Schulen bei Projekten wie „Bildung unterm Regenbogen“ ist groß. Deswegen bin ich froh, dass für das laufende Jahr die Finanzierung abgesichert werden konnte. Vielen Dank an die Abgeordneten des Bildungsausschusses, insbesondere Petra Budke und Kathrin Dannenberg, für den Einsatz! Mit dem neuen Haushalt braucht es hier aber eine dauerhafte Lösung.

Auch im Hochschulbereich haben wir Fortschritte erzielt: Als hochschulpolitische Sprecherin freut es mich besonders, dass wir mit dem neuen Hochschulgesetz Antidiskriminierungsbeauftragte an allen Hochschulen verankert haben, gerade auch nach den queerfeindlichen Vorfällen auf dem Campus Golm. Erstmals wird in einem deutschen Hochschulgesetz zudem bei einem Personenstandswechsel der Ergänzungsausweis der Deutschen Gesellschaft für Transidentität und Intersexualität anerkannt.

Auch in der Gedenkkultur sind wir einen lang ersehnten Schritt vorangekommen: Die Gedenkkugel für in der Nazizeit verfolgte lesbische Frauen konnte endlich in Ravensbrück ihren würdigen Platz finden. Durch Ausstellungen, Filmvorführungen und Veranstaltungen wurde der Verfolgung queerer Menschen gedacht. Danke an alle, die hierbei aktiv beteiligt waren!

Zwei Schwerpunkte des Aktionsplans hängen besonders eng miteinander zusammen und mir auch besonders am Herzen: Die Projekte für Jugendliche und die Ausweitung der Angebote im Ländlichen Raum und kleineren Städten. Wir müssen jungen Menschen in Coming-Out-Phasen den Rücken stärken und Beratung und geschützte Räume anbieten. Sei es durch ein queeres Jugendzentrum vor Ort, die Solidarität bei einem CSD, einen Besuch bei der LesBI*Schwulen T*our oder das passende Beratungsangebot. Fakt ist jedenfalls, es braucht mehr Vernetzung im ganzen Land.

Die Wirksamkeit des Aktionsplans steht und fällt jedoch mit den Finanzen. Man kann es nicht anders sagen: Wir mussten in dieser Wahlperiode einige Abwehrkämpfe führen, damit queere Angebote nicht gekürzt werden oder wegbrechen. Im neuen Haushalt braucht es Sicherheit und einen deutlichen Aufwuchs in der Finanzierung. Ich bitte alle Beteiligten, das in die kommenden Koalitions- und Haushaltsverhandlungen mitzunehmen.

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