Eine Regionalsprache ist gleichzeitig aber mehr als ein Dialekt, denn sie hat eine regionale Identität, die über lokale Mundarten hinaus geht und zeigt Ansätze einer Standardisierung. Das heißt, es gibt Grammatiken und Wörterbücher und es werden Schulbücher und Lehrmaterialien entwickelt. Zu Zeiten der Hanse war das Niederdeutsche sogar überregionale Verkehrssprache, bis es in dieser Funktion vom Hochdeutschen abgelöst wurde.<--noteaser-->
– Es gilt das gesprochene Wort!
Sehr geehrte Frau Präsidentin, liebe Kolleg*innen, werte Gäste,
Drei Sprachen fallen in Brandenburg unter die Regional- und Minderheitensprachencharta des Europarats. Sorbisch und Romanes sind klassische Minderheitensprachen, die von zwischenstaatlich anerkannten nationalen Minderheiten gesprochen werden. Das Niederdeutsche hingegen ist eine Regionalsprache. Es gibt also nicht etwa eine niederdeutsche Minderheit, sondern vielmehr eine Sprachgruppe, die regional in Deutschland und den Niederlanden verbreitet ist.
Wie meine Vorredner*innen schon ausgeführt haben, empfiehlt uns der vorliegende Prüfbericht, ein Niederdeutschgesetz zu erarbeiten. Den Auftrag dafür hatten wir als Landtag in unserem Beschluss zum Mehrsprachigkeitskonzept erteilt. Ich freue mich sehr, dass wir offenbar gemeinsam zu dem Ergebnis kommen: Ein solches Gesetz ist sinnvoll und machbar. Wenngleich auch nicht so schnell, wie die Opposition es wünscht. Ja, früher wäre besser, allerdings bietet der Prozess die Chance für eine gute Abstimmung mit den Kommunen und eine enge Verzahnung mit dem Mehrsprachigkeitskonzept.
Die kommunalen Spitzenverbände standen einem solchen Gesetz ja auch erst ablehnend gegenüber. Wir sollten hier die kommunale Selbstverwaltung respektieren. Darum der Vorschlag, dass Kommunen selbst entscheiden können, ob sie sich zum Niederdeutschen Sprachgebiet bekennen oder ihre Ortsnamen zweisprachig ausweisen wollen. Angebote in Schulen und Verwaltung setzen voraus, dass wir niederdeutschsprachige Mitarbeiter*innen haben. Das gilt es langsam aufzubauen.
Lassen Sie uns nicht streiten, ob das Gesetz in 7 oder in 11 Monaten vorliegt, lassen Sie uns ein gutes Gesetz erarbeiten. Und vor allem, lassen Sie uns stolz darauf sein, dass Brandenburg damit das erste Bundesland wird, welches ein Niederdeutschgesetz auf den Weg bringt. Das ist nur folgerichtig nach der Aufnahme des Niederdeutschen in unsere Landesverfassung. Zwar gibt es gesetzliche Regelungen in 5 Bundesländern, allerdings verstreut über verschiedene Gesetze.
Der Bericht nennt nun Eckpunkte für ein solches Niederdeutschgesetz. Vieles wurde aufgegriffen, was die Vertreter*innen der Sprachgruppe schon lange an uns herantragen. Darunter sind die Definition des Sprachgebiets, die Möglichkeit zweisprachiger Ortsnamen und Beschilderungen, die Verankerung des Vereins für Niederdeutsch als Dachverband, die Etablierung eines Beirats für Niederdeutsch, die Ermöglichung von Bildungsangeboten und vieles mehr.
Nun kritisiert die Opposition, dass ihr das alles nicht verbindlich genug sei und ihr das Engagement des Landes nicht ausreiche. Ja, die Förderung und der Erhalt des Niederdeutschen sind Landesaufgabe, aber natürlich auch kommunale Aufgabe, überall dort, wo Menschen sich zur Sprachgruppe bekennen. Da wir die Aufgabe ernst nehmen, erarbeiten wir dieses Gesetz.
Aber auch bisher war das Land aktiv. Es hat 2018 eine Vereinbarung mit dem Niederdeutsch-Verein geschlossen und Landesmittel bereitgestellt. So erhält der Verein 50.000 Euro Förderung pro Jahr, hinzukommen einzelne Projekte wie die Brandenburger Platt-Fibel, das Material für Pflegeberufe und der Plattdeutsche Kinder-Kreativ-Wettbewerb. Niederdeutsch wird Teil des landesweiten Mehrsprachigkeitskonzepts.
Und dennoch sind mehr Anstrengungen geboten, weil das Niederdeutsche im Unterschied zum Sorbischen weniger stark verbreitet und eben auch gefährdet ist. Dazu werden wir den Katalog von Standards ausweiten, zu denen wir uns in der Sprachencharta verpflichten.
Aktuell gibt es keinen Rahmenlehrplan und somit auch kein Schulfach Niederdeutsch. Denn die Standardisierung und Materialientwicklung ist in allen Bundesländern noch im Prozess. Mit seinem Projekt für Platt-Unterricht hat der Verein für Niederdeutsch z.B. in Prenzlau und Wittstock aber bereits ein Projekt mit fächerübergreifendem Unterricht an Grundschulen angestoßen.
Natürlich wären mehr und schnellere Angebote wünschenswert, das können wir aber nicht übers Knie brechen. Wir sollten Initiativen dort unterstützen, wo der Wunsch und Bedarf besteht, insbesondere bei Kindern und Eltern. Ich bin zuversichtlich, dass die Angebote in den nächsten Jahren dann auch ausgeweitet werden. Das erreichen wir aber nicht mit Pflichten, sondern mit Ermöglichung und durch funktionierende Beispiele vor Ort.